Mit Herz, Holz und Händen – Was Kinder in Birkeneck wirklich lernen

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Es gibt Orte, an denen etwas passiert, das man nicht in Zahlen messen oder mit Noten bewerten kann. Orte, an denen ein alter Holzstapel mehr Wert hat als jedes neue Spielgerät. Und Menschen, die Kindern genau das geben, was sie sonst oft vermissen: Zeit, Vertrauen – und das Gefühl, gebraucht zu werden. Einer dieser Menschen ist Norbert Polz.

Seit zwei Jahren arbeitet er als Differenzierungskraft im Jugendwerk Birkeneck. Er ist gelernter Schreiner, Mechaniker und Kaufmann – vor allem aber ist er jemand, der Kinder sieht, so wie sie sind. Wenn sie im Unterricht unruhig werden, überfordert sind oder einfach Abstand brauchen – dann holt er sie ohne viele Worte ab. Er fragt: „Worauf hast du Lust?“ Und dann setzen sie es gemeinsam um. Kein starres Konzept, sondern ein Raum zum Ausprobieren. Und wenn ein Kind am Ende etwas gebaut hat, darf es das Werkstück mitnehmen. Denn was hier entsteht, ist kein bloßes Bastelprojekt. Es ist ein kleiner Schritt hin zu Selbstwirksamkeit. Wenn ein Kind sieht, was es selbst erschaffen hat, spürt es: Ich kann etwas. Ich zähle.

Polz hat im Birkeneck eine eigene Werkstatt. Dort entstehen aus Holz nicht nur Tische oder Stühle, sondern kleine Wunder. Die Musikschule Hallbergmoos reißt ihre Holzdecke heraus – und er sieht darin keinen Müll, sondern Material. Er fragt, ob er das Holz mitnehmen darf, lädt es ins Auto, bringt es nach Birkeneck und macht es mit den Kindern wieder brauchbar. Daraus entstehen unter anderem kleine Nachttischlampen – gebaut von Kindern der 1. bis 4. Klasse.

Doch es bleibt nicht bei der Schreinerei. Ein Projekt, das besonders im Gedächtnis bleibt, ist die Restaurierung einer Ape – eines italienischen Kleintransporters. Als Polz sie aus Italien holt, ist sie senfgelb, alt und in schlechtem Zustand. Gemeinsam mit den Kindern schleifen, schweißen, lackieren und polstern sie das Fahrzeug über ein Jahr, lernen dabei handwerkliche Grundlagen, aber auch Geduld und Stolz. Heute fährt die liebevoll restaurierte Ape jeden Dienstag und Donnerstag direkt zur Schule und bringt gesundes Frühstück: saisonales Obst und Gemüse, Getränke wie Ingwertee – zubereitet von der Hauswirtschaft, finanziert durch Spenden des Fördervereins Förderschulen Birkeneck e.V..

Insgesamt geht es hier nicht darum, dass jedes Kind später Schreiner wird, sondern um das Erleben von Selbstwirksamkeit, das im schulischen Alltag oft zu kurz kommt. Kinder merken, dass sie etwas bewirken können. Dass sie gesehen werden. Und dass jemand bereit ist, mit ihnen gemeinsam etwas aufzubauen – wortwörtlich und im übertragenen Sinn. Diese Arbeit verdient großen Respekt. Sie verdient, dass wir hinschauen – an einen Ort, wo es nicht um Leistung geht, sondern ums Mensch-sein. (Text: @SarahFelsl)

Wir bedanken uns für die freundliche Unterstützung bei Maschinenhandel Meyer GmbH & Co. KG

Ausschnitt Foto @SarahFelsl
Foto @SarahFelsl
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